Kontaktlose Materialweitergabe? Easy

In apokalyptischen Zeiten fragen wir Materialinitiativen, was sie gerade so machen. Heute im Interview: Corinna von KUNST-STOFFE - Zentralstelle für wiederverwendbare Materialien e.V. aus Berlin. Anders als in einem klassischen Baumarkt lassen Menschen sich hier vom vorhandenen Material zum nächsten Bauprojekt inspirieren.

TRASH: Ganz allgemein: Wie funktioniert Euer Konzept?

KUNST-STOFFE: Uns werden Materialien gespendet, die ansonsten in den Müll wandern würden. Diese lagern wir in unseren beiden Materialmärkten, wo sie dann nach Themen sortiert für Kund:innen wie in einem Baumarkt verfügbar sind - jedoch mit Unterschieden: Unsere Kund:innen werden zu Materialretter:innen, sie hauchen den Sachen neues Leben ein. Außerdem regt unser Sortiment ganz besonders die Kreativität an: In einem Baumarkt findet sich für alles eine vorgefertigte Lösung. Aber wie ist es, nur mit dem zu arbeiten, was bereits benutzt wurde? Kann das geplante Vorhaben vielleicht auch anders umgesetzt werden? Beim Nutzen unserer Materialmärkte wird nicht nur die Umwelt geschont, es entstehen auch neue Ideen!

Foto: Das KUNST-STOFFE Materiallager in Neukölln - immer einen Besuch wert.

TRASH: Und wer spendet Euch Material?

KUNST-STOFFE: Wir haben langjährige Kooperationen mit Unternehmen und Veranstalter:innen, die uns regelmäßig Material spenden. Es gibt aber auch immer wieder Ein-Mal-Spender:innen und viele Privatpersonen, die uns tolle Materialien vorbeibringen, die sie selber nicht mehr nutzen.

TRASH: Welches Material bekommt Ihr am häufigsten zu Gesicht?

KUNST-STOFFE: Sehr oft werden uns Holzplattenreste angeboten. Da nehmen wir nicht alles an, insbesondere kleine Stücke von Pressspan und OSB fallen viel zu viel an. Hier müsste dringend schon bei Bauplan und Zuschnitt auf Abfallvermeidung geachtet werden.

Foto: Das KUNST-STOFFE Materiallager in Neukölln - immer einen Besuch wert.

TRASH: Euer absoluter Ladenhüter?

KUNST-STOFFE: Jedes Material findet irgendwann seine Bestimmung – aber manchmal dauert das auch uns zu lange, denn wir haben natürlich begrenzte Lagerflächen.

TRASH: Was ist die spannendste Geschichte, die Ihr zu einem gespendeten Material erzählen könnt?

KUNST-STOFFE: Bei einem Berliner Verwertungsunternehmen haben wir mal in einem Container ganz viele sehr große Wanduhren gefunden, aus einem Werk oder so. Der Geschäftsführer, der uns das Gelände gezeigt hat, war selber ganz erstaunt und ist mit mir in den Container, um alle rauszuholen und sie uns zu übergeben.

TRASH: Ein Geschäftsführer, der in Container klettert - sehr sympathisch! Im Angesicht der Apokalypse: wie läuft der Laden?

KUNST-STOFFE: Wir haben die „kontaktlose Materialabgabe“ ausgearbeitet. Dabei melden sich Personen zuvor per E-Mail oder Telefon an, um dann zu einer bestimmten Uhrzeit das zuvor abgesprochene Material bei uns im Materialmarkt abzuholen. So kann ein guter Infefektionsschutz eingehalten werden samt Sicherheitsabstand, Mund-Nasen-Schutz und Handschuhen. Die „kontaktlose Materialabgabe“ wird auch sehr gut angenommen! Da wir auch viele Stoffe, Gummibänder und Kurzwaren haben, können unsere Materialien auch gleich zum Nähen eines Mund-Nasen-Schutzes anregen. Auch unser Lastenrad wird noch regelmäßig ausgeliehen.

TRASH: Wisst ihr, welches Eurer Materialien die Apokalypse am längsten überlebt?

KUNST-STOFFE: Am längsten überleben werden wahrscheinlich unsere Planen. Da ist das Nutzungspotential recht hoch: ob Wetterschutz beim Festival, als Plakat zur Werbung, zur Abdeckung, zum Basteln, als Unterlage, als Zelt/Markise im Urlaub oder zum Bauen. Gefühlt sind die unzerstörbar – landen also nach Ende der Nutzung wahrscheinlich wieder bei uns. Und außerdem hat jede Person schon mal im Leben eine Plane gebraucht, oder nicht?

TRASH: Stimmt. Irgendwelche kreativen Tipps gegen die Langeweile?

KUNST-STOFFE: Kreative Tipps kommen immer reichlich von unserem Workshop-Team. Die sind gerade fleissig dabei, Upcycling-Ideen auszuarbeiten, die dann regelmäßig auf unserem Blog veröffentlicht werden. Dort gibt es auch Infos zu unserem Livestream im Zuge des „Zero-Waste-Salon“ finden - rund um das Wiederverwerten von Materialien!

TRASH: Wie kann man Euch gerade unterstützen?

KUNST-STOFFE: Natürlich freuen wir uns sehr über Geldspenden, wobei es zurzeit auch viele andere Organisationen gibt, die dies sehr benötigen. Falls Ihr daher gerne auf andere Weise unterstützen wollt, freuen wir uns sehr über Materialspenden im Rahmen der „kontaklosen Materialabgabe“ oder aber über tatkräftige Unterstützung, wenn unsere Materialmärkte wieder öffnen – dann gibt’s wieder einiges zu tun und umzubauen! Mehr Infos, wie Ihr uns unterstützen könnt, findet Ihr auf unserer Website.

Na dann, nichts wie hin da: www.kunst-stoffe-berlin.de

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