OFFCUT - so geht Materialmarkt

In apokalyptischen Zeiten fragen wir Materialinitiativen, was sie gerade so machen. Heute im Interview: Tanja von OFFCUT aus der Schweiz. Was Materialmärkte angeht, ist OFFCUT unser großes Vorbild. An vier Standorten in Basel, Zürich, Bern und bald auch in Luzern, werden Gebraucht- und Restmaterialien gesammelt und verkauft - so werden aus Reststoffen wieder Rohstoffe.

TRASH: Ganz allgemein - wie funktioniert Euer Konzept?

OFFCUT: Wir nehmen Materialien mit kreativem Potential als Spenden entgegen und verkaufen diese ungefähr zur Hälfte des Neuwertes weiter. Mittlerweile haben wir an allen Standorten ausgefeilte Preislisten mit Preisen nach Gewicht, Quadratmeter, Laufmeter und Stück. Wir sortieren die gespendeten Materialien sorgfältig und präsentieren sie schön damit sie größtmöglich zu neuem inspirieren. Gebrauchtes oder Restmaterial zu verwenden soll Spaß machen und nicht verstaubt sein. Daneben bieten wir an allen Standorten Workshops und Veranstaltungen an, die zum Upcycling inspirieren. Schaut am besten mal das Video an :)

TRASH: Das Video ist wirklich toll geworden! Wir haken nochmal nach: wer spendet Euch Material?

OFFCUT: Wir nehmen während unseren Öffnungszeiten Materialspenden von Privaten und Unternehmen entgegen, größere Spenden holen wir gerne direkt bei den Spender:innen ab. Das kann manchmal auch sehr emotional sein, wenn sich zum Beispiel eine ältere Person von ihrem Atelier trennt. Oder ein Unternehmen von wertvollem, fast schon historischem Material aus alten Produktionen trennen muss.

TRASH: Welches Material bekommt Ihr am häufigsten zu Gesicht?

OFFCUT: In Basel werden uns besonders viele Stoffreste von Privatpersonen gespendet, wir kommen permanent nicht nach diese für den Laden aufzubereiten. Damit wir sie wieder abbekommen müssen wir die Stücke ausmessen, sortieren und zu hübschen Rollen verarbeiten, ansonsten haben wir innert kurzer Zeit ein Riesenchaos.

TRASH: Chaos kennen wir, hehe. Und was ist Euer absoluter Ladenhüter?

OFFCUT: Der große Sockel einer Vitrine, er wurde mittlerweile zu einem Regal umfunktioniert weil er im Weg stand. So kauft ihn natürlich jetzt niemand mehr da wir zuerst das ganze Regal ausräumen müssten ;)

TRASH: Habt Ihr eine coole Geschichte zu einem gespendeten Material auf Lager?

OFFCUT: Wir haben von einem Theater überdimensionale Strick-Bahnen erhalten, eine davon an die 100 kg schwer, sie waren lange Ladenhüter bis wir sie aufgetrennt als Seile verkauft haben. Daraus sind dann Schlangen für ein 1001 Nacht Kinderlager geworden oder Haare für Fastnachtskostüme. Später haben wir auch noch ganze Teile verkauft, die jetzt immer wieder mal irgendwo in der Stadt auftauchen z.B. als Deko in einer Bar oder Sitzgelegenheit auf einem Festival.

TRASH: Überdimensionaler Strick? Geil! Wie lief’s für Euch im Angesicht der Apokalypse?

OFFCUT: Während des Lockdowns mussten auch wir unsere Läden schließen. Die Nachfrage nach Material in dieser Zeit war aber riesig! Da wir keinen Online-Shop betreiben, wars für uns aber nicht ganz einfach auf die vielen Anfragen einzugehen. Jeder Materialmarkt hat dafür eine andere Lösung gefunden. Wir hier in Basel haben über den Kulturklinik.ch Online-Shop Produkte verkauft, dabei ging jeweils ein Solidaritätsbeitrag in einen Topf für Kulturschaffende in Basel, die der Lockdown besonders hart getroffen hat. Unsere Kollegen in Zürich haben Materialtüten angefertigt und an verschiedenen Standorten in der Stadt auf Kollekte via Twint und Banküberweisung angeboten. Unsere Kollegen in Bern hingegen, die noch ganz am Anfang stehen, haben die Zeit für Teamarbeit genutzt. Nun haben wir seit dem 27. April unsere Läden wieder offen und sie laufen besser den je!

TRASH: Das freut uns für Euch! Wisst ihr, welches Eurer Materialien die Apokalypse am längsten überlebt?

OFFCUT: Vielleicht die oben erwähnten Strickbahnen? Keine Ahnung, wir wissen es leider wirklich nicht, aber es gibt das eine oder andere, das mehr als einmal den Weg zu uns findet.

TRASH: Irgendwelche kreativen Tipps gegen die Langeweile, falls jemandem überhaupt noch langweilig ist?

OFFCUT: Einen Tag bei uns Materialien sortieren und mit den Händen mit anpacken :) Dafür darf sich jede:r jeweils etwas aus dem Materialmarkt aussuchen.

TRASH: Super Idee, das merken wir uns! Wie kann man Euch gerade unterstützen?

OFFCUT: Der Aufbau unseres nationalen Netzwerkes wird zwar großzügig von Engagement Migros, dem Förderfonds der Migros-Gruppe, unterstützt, trotzdem sind alle unsere Standorte weiterhin noch nicht selbsttragend. Wir freuen uns deswegen über jede Gönnerspende - ob klein oder groß!

In diesem Sinne - gönnt Euch: www.offcut.ch

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